Die Forderungen der Bits & Bäume Bewegung 2022

Die Bits & Bäume Bewegung fordert: 

Die Digitalisierung muss stärker in den Dienst der Gesellschaft und des sozialen und ökologischen Wandels gestellt werden.

Digitale Technologien sollten durch gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe und innerhalb der planetaren Grenzen zur Verbesserung von Lebensbedingungen und der Umwelt beitragen, anstatt durch explodierenden Energiebedarf, Ressourcenverbrauch und mangelnde Teilhabe vor allem des Globalen Südens existierende Krisen noch weiter zu verschärfen.

Sozial-ökologische Zielsetzung bei Gestaltung der Digitalisierung

1.

Wir fordern, dass sich technologische Entwicklungen an den Maßstäben von Natur-, Klima- und Ressourcenschutz und dem Erhalt von Biodiversität ausrichten. Digitale Infrastrukturen und elektronische Geräte müssen ohne Kompensation klimaneutral hergestellt und betrieben werden. Im Detail bedeutet dies:

1.1. Die Digitalisierung muss ökologisch ausgerichtet werden, damit sie insbesondere in den Sektoren Energie, Mobilität, Landwirtschaft, Industrie und Konsum zu grundständigen sozial-ökologischen Transformationen beiträgt. Hierfür müssen Standards und Transparenz vorangetrieben werden.

1.2. Das Wachstum von Datenströmen muss reduziert werden.

1.3. Hardware und digitale Infrastruktur müssen langlebig sein. Dafür sollen eine gesetzlich garantierte Geräteneutralität, das Recht auf Reparatur und Eigentum sowie eine Pflicht zur Veröffentlichung von Treibern, Tools und Schnittstellen unter einer Freien Software/Open Source Lizenz gefördert werden.

Globale Gerechtigkeit und regionale Selbstbestimmung

2.

Wir setzen uns für einen digitalen Wandel ein, der ein global gerechtes und nachhaltiges Wirtschaftssystem unterstützt. Handelsabkommen zu digitalen Gütern und Dienstleistungen sollten nationale Regelungen nicht behindern, die notwendig sind, um eine eigenständige Digitalwirtschaft vor Ort aufzubauen.

2.1. Lokale Gemeinden, zivilgesellschaftliche Gruppen und indigene Völker müssen bei der Gestaltung der globalen Digitalwirtschaft und -politik beteiligt werden.

2.2. Neben einer Reduzierung des Rohstoffverbrauchs für die Digitalisierung im Globalen Norden fordern wir Verantwortung im weltweiten Handel mit dem Globalen Süden und eine faire digitale Wirtschaftsordnung.

2.3. Digitalisierung in der Landwirtschaft muss der globalen Ernährungssouveränität dienen und sich an Umweltzielen und den Bedürfnissen von kleinwirtschaftlichen Landwirt*innen orientieren. Kleinbäuer*innen müssen unabhängig von Plattform-, Saatgut- und Landmaschinenkonzernen agieren können.

Umverteilung technologischer Gestaltungsmacht, Demokratie und Teilhabe

3.

Wir fordern, dass digitale Monopole kontrolliert und die digitale Welt demokratisiert werden. Konkret fordern wir folgende Rahmenbedingungen:

3.1. Geschäftsmodelle und staatliches Handeln, die auf detailliertem Tracking/Profilbildung oder anderweitig komplexen Verhaltensanalysen aufbauen, sollen verboten werden. Darunter fallen etwa Microtargeting, psychometrische Analysen, Geo-, Mouse- und Eyetracking. Die durch solche Praktiken entstehende Informations- und Datenmacht ist mit einem demokratisch-nachhaltigen Gesellschaftsverständnis nicht vereinbar. Geschäftsmodelle, die dem Gemeinwohl und dem Klima- sowie Umweltschutz dienen, benötigen diese Praktiken nicht.

3.2. Möglichkeiten für demokratische Steuerung und Teilhabe sowie gemeinwohlorientierte Geschäftsmodelle müssen gefördert werden.

3.3. Wir fordern, öffentliche Daten als Gemeingüter zu verstehen und öffentlich finanzierte digitale Güter sowie Software unter einer Freien Software/Open Source Lizenz zu veröffentlichen. Die Transparenz und Prüfung von Daten und Algorithmen müssen garantiert werden.

Gerechte Digitalisierung, nachhaltige Technikgestaltung und soziale Fragen

4.

Wir fordern, dass soziale und ökologische Gerechtigkeit sowie langfristiger Frieden grundlegende Ziele des digitalen Wandels sind. Technikgestaltung, Bildung und Arbeit sollten so ausgerichtet werden, dass sie den sozialen Zusammenhalt stärken. Im Detail bedeutet dies:

4.1. Digitale Technologien und ihre Nutzung müssen stets daran ausgerichtet werden, langfristige Friedensbestrebungen in unserer Gesellschaft und global zu unterstützen. Diesbezügliche Ge- und Verbote müssen zwingend in einer internationalen Konvention geregelt werden, auch damit keinem Staat beim Verzicht auf sogenannte digitale Waffen der Einsatz dieser Waffen durch andere Staaten droht. Jedem Krieg gehen viele politische Fehlentscheidungen voraus; Frieden ist ein langfristiges Projekt.

4.2. Digitalisierung muss zu gesellschaftlichem Fortschritt führen und darf die sozialen und arbeitsschutzorientierten Standards nicht verschlechtern.

4.3. Technologie muss nach intersektional-feministischen Prinzipien gestaltet werden und darf keine strukturelle Benachteiligung und Diskriminierung der Gesellschaft fortschreiben.

4.4. Der »universelle« Zugang zu Digitalisierung sowie Digital Literacy und kreative Freiräume müssen gefördert werden.

4.5. Die Nutzer*innen im Digitalbereich müssen konsequent geschützt werden.

Schutz digitaler Infrastruktur und IT-Sicherheit

5.

Eine nachhaltige Demokratie benötigt zuverlässige, sichere und vertrauenswürdige Infrastrukturen. Darum fordern wir, dass digitale Infrastrukturen angemessen geschützt und gewartet werden. Dafür muss öffentliche Sicherheit so verstanden werden, dass IT-Sicherheit und Datenschutz an den Grundrechten orientiert werden und einer lebenswerten Gesellschaft dienen.

5.1. Für eine inklusive und nachhaltige digitale Gesellschaft ist ein freies und durchdachtes E-Government Voraussetzung. Das Ausrollen eines kostenlosen und freien bundesweiten Systems für sichere Signierung und Authentifikation ist elementar, denn es dient als vertrauenswürdige und zuverlässige digitale Informations- und Kommunikationsinfrastruktur für staatliche Interaktionen. Alle relevanten Infrastrukturen müssen angemessen gewartet und aktuell gehalten werden.

5.2. Eine globale digitale Gesellschaft – von der Nutzung elektronischer Industriesteuerungen bis hin zur sozialen Kommunikation im digitalen Raum – benötigt Vertraulichkeit und Integrität aller Systeme. Dies bedeutet, dass Innen- und Außenpolitik in allen Digitalfragen konsequent defensiv ausgerichtet werden müssen.

5.3. Ein Mindeststandard für IT-Sicherheit und die langfristige Nutzbarkeit von digitalen Produkten müssen sichergestellt werden.

5.4. Die Ausgestaltung der Digitalisierung von Infrastrukturen (etwa bei der Energiewende) sollte die Verwundbarkeit der gesamten digitalen Infrastruktur durch technische Ausfälle, digitale Angriffe etc. berücksichtigen.